Man könnte ein Buch darüber schreiben …

Eine kleine Biografie
von Rodja Smolny

Pilot wollte ich auch mal werden. Wie mein Großonkel, der mit der schönen alten Tante Ju einst über Glückstadt seine Runden drehte. Und später mit seinen selbstgebauten Segelschiffen zu einer Legende an der Elbe wurde.

Doch ich schlug einen anderen Lebensweg ein. Das Radio faszinierte mich schon früh, die Möglichkeit, über große Distanzen miteinander zu kommunizieren, zog mich in ihren Bann. So ergaben sich schon zu Schulzeiten Möglichkeiten, in Hamburg die ersten Schritte zu wagen und während meine Schulkameraden im Freibad tobten, saß ich im Studio und schnitt ein ganzes Wochenende lang meine erste Reportage, bei der ich einen Lotsen auf einem Containerschiff die Elbe von Hamburg bis nach Brunsbüttel begleitet hatte. Die letzten Sommerferien meines Schullebens verbrachte ich schließlich in Italien bei einem kleinen deutschen Sender, danach wusste ich, das ist es, was ich machen wollte.

Nach einer Ausbildung bei Schwarzwald-Radio (heute Radio Regenbogen) durchlief ich verschiedene Stationen und durfte unglaublich viel erleben – von der Moderation der Frühsendung bei RTL Oldies bis hin zur nächtlichen Nachrichtentätigkeit bei Radio Hamburg, von Klassik-Radio bis zu meiner letzten Radiostation, dem Norddeutschen Rundfunk, NDR: Reporter-Aufgaben brachten mich mit vielen interessanten Menschen zusammen, ich erlebte Momente wie die Berichterstattung über einen Flugzeugabsturz vor Zürich, die bundesweit ausgestrahlt wurde, 12-Minuten-Reportagen von den Ölaufklärungsfliegern der Ost- und Nordsee auf Deutschlandradio bis zur eigenen zweistündigen Nachrichten-Mittags-/Abend-Informationssendung beim NDR. Ich verkündete in Eilmeldungen dramatische Ereignisse, tragische Tode, aber auch historische Momente.

Rodja Smolny mit Deep Purple
Backstagepässe und Eintrittskarten Rodja Smolny

Ganz Deutschland und die deutschsprachige Schweiz waren mein Betätigungsfeld und zeitweise pendelte ich fast 1.000 Kilometer zwischen verschiedenen Moderationstätigkeiten.

Schon seit dem Ende meiner Schulzeit stand dabei die Selbstständigkeit im Vordergrund, viel zu verlockend waren die ersten Erfolge auch mit eigenen Projekten wie der Gründung der Nachrichtenagentur »News Factory«, die in Nyhetsmaskinen sogar einen schwedischen Ableger in Stockholm fand (später verkaufte ich die Namensrechte an eine »Augsburger Verlagsgruppe«). So versorgte ich als Ghostwriter Dutzende Morgenmoderatoren mit Gute-Laune-Sprüchen und bunten Meldungen über unterhaltsame Ereignisse, später kam mit »Musictalk« noch ein Ableger hinzu, der Musikerinterviews verkaufte und dafür sorgte, dass ich einen ganzen Sommer lang jedes Musikfestival von Dänemark bis in die südliche Schweiz besuchte und Interviews mit den interessantesten und berühmtesten Musikern machen durfte, manche Backstage, manche ganz gemütlich beim gemeinsamen Frühstück.

So »ganz nebenbei« engagierte ich mich auch in der deutschsprachigen Musikszene, organisierte Konzerte in Hamburg in der »Fabrik«, in Kirchen und im »CCH« und führte Management- und PR-Arbeiten für zwei nordamerikanische Musiker durch, was in mehr als drei Jahren dazu führte, dass ich jedes Jahr gut 120 Konzerte begleitete und jeden Morgen in einer anderen Stadt aufwachte. Es gab in dieser Zeit nichts Aufregenderes!

Beim NDR wurde ich schließlich in die Direktion berufen, um die Digitalisierung, die für die Redakteure weitreichende Veränderungen mit sich bringen sollte, auf höchster Ebene zu begleiten. Diese Zeit einschneidender Veränderungen begleiten und mitgestalten zu können, war eine großartige Chance. Danach verließ ich den NDR, um mich neuen Herausforderungen zu stellen.

Rodja Smolny Radio Hamburg

Diese Herausforderungen hatten sich bereits zuvor abgezeichnet: Gemeinsam mit meinem ehemaligen Klassenlehrer entstand die Idee, einen kleinen Regionalverlag zu gründen, den »Schwanenverlag«. So verdiente ich mir meine ersten Sporen als Verleger, nutzte neue Druckmethoden, um bislang unrealisierbare Projekte umzusetzen, zahlte Lehrgeld und lernte vor Ort, Bücher zu verkaufen.

Weitere Autorinnen und Autoren, darunter ein angesehener langjähriger Hamburger Senator und zwei Geschichtsforscher, kamen hinzu und irgendwann wurde die Nachfrage so groß, dass ein neuer Verlag entstand, diesmal größer, personell besser ausgestattet und im Herzen Hamburgs, im alten Magazin der Traditionswerft »Blohm & Voss« gegenüber der Hamburger Landungsbrücken.

»Mein Buch« nannte ich den Verlag, und der Name spiegelte das wider, was wir bei vielen Autoren und Autorinnen erlebten: Sie zeigten anderen stolz ihr Buch und sagten: Das ist mein Buch! Wir hatten durch die vielen Anfragen von Autoren und Autorinnen, ihr Buch in unserem kleinen Schwanenverlag zu veröffentlichen, erkannt, wo ihre die Bedürfnisse lagen. Wir wussten aber auch, wir müssen ihnen eine bessere Plattform geben, ihre Bücher zu vermarkten als in einem regional begrenzten kleinen Hobbyverlag. Und so ergriffen viele Autoren und Autorinnen die Chance, mit Hilfe unserer Dienste und Strukturen ihre Bücher in Eigenregie herauszubringen. Diese frühe Form des heute so beliebten Selfpublishings in Deutschland war eine Pionierzeit voller Erlebnisse, bereichernder Begegnungen mit Autoren und Autorinnen und unglaublich positiver Resonanz. Offensichtlich hatten wir einen Nerv getroffen.

In diesen Jahren entstanden auch eine hauseigene Druckerei und eine Buchhandlung in Trittau, in die ich gemütliche, alte Sofas aus Dänemark stellte, zwei Kamine befeuerte und kostenlosen Kaffee ausschenkte – ich habe einfach das umgesetzt, was ich in New York das erste Mal sah und was ich selbst so liebte. Und weil ich nun als ehemaliger Redakteur, als Verleger und als Buchhändler, ja sogar als Drucker und natürlich Vertreter der Autoren und Autorinnen alle beteiligten Seiten kannte, entstanden gute Lösungen, die ein Gewinn für alle Seiten waren.

Buchmesse Frankfurt Verleger Rodja Smolny

So wuchsen wir sehr schnell und konnten binnen fünf Jahren annähernd 1.000 Buchprojekte auf den Weg bringen und begleiten. Erstmals gab es eine ernstzunehmende Alternative abseits von Verlagen, die sich nur auf Bestseller konzentrierten und unbekannten Menschen kaum eine Chance gaben. Wir machten uns damit nicht nur Freunde und wurden von den bekannten schwarzen Schafen der Branche, aber auch von vermeintlich Intellektuellen, die es nicht gut fanden, dass nun jeder veröffentlichen darf, dafür angegriffen. Aufhalten konnten sie uns nicht.

Wir entwickelten uns weiter: Mit den Literaturgesellschaften und ihren Repräsentanzen in Berlin, Wien und der Schweiz, mit der Gründung des »Paramon-Verlags«, mit dem Relaunch von »Mein Buch« und der Erfindung der Plattform »Self-Publishing.com« schufen wir Lösungen für jede Autorin und jeden Autor: Von kostenlosem Selbermachen bis zu All-inklusive-Paketen; für den, der nur mal etwas ausprobieren will, bis zu dem, der sein Buchprojekt ernsthaft betreibt. Wir sind dabei immer dem Konzept treu geblieben, auf unsere Autorinnen und Autoren zu hören, für sie Lösungen zu finden und mit ihnen zu wachsen.

Heute sind alle Verlage und Imprints in meinem Schweizer Familienunternehmen gebündelt, und auch ich lebe – als waschechter Hamburger auf großer Fahrt – mittlerweile in der Schweiz, an der mich die Idylle, gepaart mit dem internationalen Umfeld, schon immer begeistert hat.

Rodja Smolny auf der Buchmesse

Vor Kurzem wurde ich gefragt, ob ich die »alten Zeiten des Radiomachens« vermissen würde. Ich bin froh und dankbar, all diese Entwicklungen und Umbrüche live miterlebt zu haben, für die Chancen, die ich bekam und für das, was ich heute habe. Es ist eine Entwicklung, eine Reise, in der ich mittendrin bin … und ich finde sie toll.